1977 - 1987

Die Pantah Generation, Aufbruch in eine neue Ära

1977 Auf der Mailänder Messe beginnt mit der Präsentation der Ducati Pantah eine neue und sehr erfolgreiche Ära für Ducati. Der Motor ist der erste Desmo-Motor mit Zahnriemenantrieb, wie man es schon von Spaggiaris 73er 500 ccm-V2-DOHC-Werksrennmaschine kennt, und ist mit 74 mm Bohrung und 48 mm Hub (498 ccm) das kurzhubigste Ducati-Triebwerk. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von fast 200 Km/h ist die Ducati Pantah das schnellste 500ccm-Serienmotorrad. Erstmals wird bei diesem nur 60kg schweren Motor ein Feinst-Ölfilter in Form einer Filterpatrone eingesetzt. Der Pantah-Motor ist bis heute die Basis aller Ducati Motoren bis 750 ccm Hubraum. Weiters werden zwei neue 350ccm Einzylinder-Modelle vorgestellt: die 350 Rollah, ein Sportmotorrad und die 350 Utah, eine Enduro mit neuem Motor, der dem Pantah Motor ohne liegenden Zylinder ähnlich sieht. Die Geschäftsführung sieht jedoch beim rückläufigen Motorradmarkt keine ausreichenden Absatzmöglichkeiten für diese neue Modellreihe und man stoppt das Projekt. Leopoldo Tartarini, ein Fan des Parallel-Twins, übernimmt die Fertigung der GTL-Modelle in sein Werk. Die Motoren werden komplett geliefert und die Fahrzeuge werden bei Italjet zusammengebaut. Die internationale Sportkommission ruft eine TT-WM (TT=Tourist Trophy) ins Leben und man entschließt sich, in der kommenden Saison in dieser Klasse mitzufahren.

 

1978 Mike Hailwood feiert 11 Jahre nach seinem letzten Einsatz auf einer Werks-Honda ein großartiges Comeback auf der Isle of Man. Er gewinnt dieses Rennen und wird in diesem Jahr mit einer Ducati 900 SS TT-Weltmeister. Man entschließt sich zum Bau einer Sonderserie 900 SS "Mike Hailwood Replica". Die Mike Hailwood Replica ist die erste Serienmaschine mit Vollverkleidung, lackiert im rot/grünen Design des englischen Sport-Motor-Cycle-Teams.

 

1979 Ducati wird vom Ministerium in den VM-Konzern, eine neu gegliederte Gruppe, zusammen mit Isotta Fraschini (baute in den 20er Jahren Luxuswagen und fertigt heute Industrie- und Schiffsdiesel) eingegliedert. Der VM-Konzern fertigt hauptsächlich Dieselmotoren. Der Umsatzanteil der Industriemotoren-Produktion ist in den letzten Jahren ständig gestiegen und umfasst mittlerweile 70% des Gesamtumsatzes, genau genommen finanziert die Motorenproduktion seit einiger Zeit die Motorradproduktion.

 

1980 Die 600 Pantah TT2, das erste Rennmotorrad mit einem Gitterrohrrahmen kommt zum Einsatz. Die Privatfahrer Jose Maria Mallol und Alejandro Tejedo gewinnen das 24-Stunden-Rennen von Barcelona im Montjuich Park.

 

1981 Mike Hailwood verunglückt am 23. März mit dem Auto in der Nähe von Birmingham tödlich. Tony Rutter fährt erstmals auf der Isle of Man mit dem neuen 583ccm Pantah-Triebwerk und gewinnt dieses Rennen zur TT-Formel 2-Weltmeisterschaft überlegen. Beim nächsten Lauf wird ihm eine Werks-Ducati von Franco Farné und Exportchef Franco Valentini direkt aus Bologna mitgebracht und er sichert sich mit einem zweiten Platz den TT-Formel 2-Weltmeistertitel. Massimo Broccoli wird italienischer TT-Formel 2-Meister und das Team Mauro Ricci / Carlo Perugini gewinnen mit einer 900SS die Endurance-Meisterschaft.

 

1982 Ein 350ccm Pantah-Modell wird vorgestellt – die 350 XL mit einer Bohrung von 66mm und einem Hub von 51mm. In der Entwicklungsabteilung bei Ducati entwickelt man gerade einen Vierzylinder-Turbodiesel-Motor für Automobile, der in großen Stückzahlen an Rover und Alfa geliefert werden wird. Tony Rutter gewinnt alle Rennen zur TT-Formel 2-Weltmeisterschaft. Ducati beginnt mit der Entwicklung eines 750ccm Pantah-Motors, ausgerichtet auf das neue Hubraumlimit in der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Beim ersten und einzigen Test-Einsatz in diesem Jahr – dem 200-Meilen-Rennen von Imola – ist die neue 750er Ducati fast 250 km/h schnell und damit durchaus konkurrenzfähig.

 

1983 Am 1. Juni wird die Vertragsunterzeichnung zwischen Ducati Meccanica und Cagiva Varese bekanntgegeben. Cagiva, ein aufstrebendes Privatunternehmen, steigert die Motorradproduktion von 7.800 Stück im Jahr 1980 auf 50.000 Stück im Jahr 1983, ganz im Gegensatz zum Staatsbetrieb Ducati, der 1982 nur 7.800 Stück produzierte und für 1983 gar nur 6.000 Stück plante. Den Namen Cagiva lieferte Vater Castiglioni: Castiglioni-Giovanni-Varese ergab Cagiva. Das Cagiva-Werk ist im ehemaligen Aermacchi-Harley Davidson-Werk am Lago di Varese untergebracht. Die Amerikaner lösten 1977 ihre italienische Tochter Aermacchi-Harley Davidson – ein ehemals im Rennsport starker Gegner von Ducati – aufgrund der starken Konkurrenz aus Japan auf. Im Jahr 1978 übernehmen die Brüder Claudio und Gianfranco Castiglioni den Betrieb und fahren die Produktion der kleinen 2-Takt-Motorräder weiter. Ein sehr durchdachtes Entwicklungsprogramm mit Engagement im Straßen- , MotoCross-, Trial- und Geländesport wurde durchgezogen. Es gelang Cagiva als einzigem italienischen Motorradhersteller, anfangs der 80er-Jahre die Umsätze zu steigern. Man wollte auch in die großen Hubraumklassen einsteigen, eine Neuentwicklung einer Modellserie wäre aber mit großem Risiko und Kapitaleinsatz verbunden gewesen. Die Tatsache, dass Ducati die Motorradproduktion wegen der schlechten Gewinne einerseits und dem steigenden Geschäft mit Dieselmotoren andererseits einschlafen lassen wollte, kam den Castiglionis sehr gelegen. In einem Vertrag wurde die stufenweise Einstellung der Motorradproduktion vereinbart, und Ducati Meccanica sollte nur mehr als Motorenlieferant für Cagiva produzieren. In diesem 7 Jahre gültigen Vertrag waren für 1984 6.000 Stück, 1985 10.000 Stück und ab 1986 jeweils 14.000 Stück vorgesehen. Ducati bestreitet erstmals mit 750 F1 Prototypen (750er Pantah-Motor und Mono-Federung hinten) Langstreckenrennen. Tony Rutter gewinnt mit seiner privaten Pantah 600 die TT-Formel 2 Weltmeisterschaft. Das Team Benjamin Grau / Enrique de Juan gewinnen mit einer Pantah 750 das 24-Stunden-Rennen von Barcelona.

 

1984 Die ersten gemeinsamen Produkte von Cagiva und Ducati, der Cagiva Elefant 650 und die Alazzurra werden vorgestellt. Ala Azzurra bedeutet blauer Flügel und ist eine Weiterführung alter Aermacchi-Bezeichnungen. Die letzten eigenständigen Entwicklungen von Ducati und zugleich die letzten Motorräder mit Königswellen-Antrieb, die Hailwood Replica 1000 und die S2-1000 Mille mit einem 973 ccm Desmo-Triebwerk kommen auf den Markt. Taglioni war aber die Verbindung zu Cagiva nicht unglücklich und hoffte, jetzt sein 4-Zylinder Projekt realisieren zu können. Der V4-Motor sah dem Pantah-Motor sehr ähnlich. Die Baubreite hatte sich nur um 10 cm erhöht und er war mit einer desmodromischen Ventilsteuerung mit je einer durchgehenden Nockenwelle pro Zylinder geplant. Das Projekt stieß bei Cagiva auf großes Interesse, das aber nicht von langer Dauer war und man stoppte es und konzentrierte sich statt dessen auf die Weiterentwicklung des 750er Pantah-Motors. Tony Rutter gewinnt in diesem Jahr die TT-Formel 2-WM, das Team Benjamin Grau / Enrique de Juan gewinnen die 24-Stunden von Barcelona.

 

1985 Eine Reihe von neuen Modellen wird auf der Mailänder Messe vorgestellt. Die Cagiva Elefant 750 – eine Großenduro mit dem 750er-Pantah-Motor, die dreifärbige Ducati 750 F1 und 350 F3, ein Sportmotorrad das sich sehr bald größter Beliebtheit erfreuen wird und durch eine Reihe von Sondermodellen wie Montjuich, Santamonica und Laguna Seca in den nächsten Jahren aufgewertet werden wird und die Ducati Indiana, ein Chopper mit einem Pantah-Motor in den Versionen 350, 650 und 750 ccm. Die Indiana wird bis 1988 gebaut und bis 1990 mit mäßigem Erfolg verkauft. Mittlerweile hat man bei Cagiva die Pläne für die Zukunft geändert. Die große Aufregung bei der Bekanntgabe der Vertragsbedingungen im Jahr 1983 haben die Bedeutung des Traditionsnamens Ducati unterstrichen und man erkannte, dass man schlecht beraten wäre, diese Marke sterben zu lassen. Am 1. Mai wird die endgültige Übernahme von Cagiva bekanntgegeben.

 

1986 Der älteste Motorradhersteller Europas – Husqvarna Schweden – wird in die Cagiva-Gruppe eingegliedert. Die große Ära der V2-Königswellen-Motorräder geht zu Ende. Die letzte Mille Replica rollt vom Band und beendet eine Erfolgsgeschichte, die 1970 mit der 750 GT begonnen hat. Ein ungewöhnliches, von Massimo Tamburini entworfenes Motorrad – die Paso 750, benannt nach dem italienischen Aermacchi-Rennfahrer Renzo Pasolini – wird vorgestellt. Dieses vollverkleidete Motorrad mit einem 750er Pantah-Motor und Stahlkantrohrrahmen setzt neue Maßstäbe in Punkto Komfort und Ergonomie. In der Paso wird erstmals ein Pantah-Motor mit um 180° gedrehtem hinteren Zylinder und Weber-Vergaser zum Einsatz gebracht. Die Paso stößt bei unbeeinflussten Käufern auf sehr positive Reaktionen, wird jedoch von den Ducati-Traditionalisten mit dem Argument abgelehnt, dass es sich dabei um keine echte Ducati handle. Claudio Castiglioni beauftragt den neuen technischen Direktor Massimo Bordi – früher die rechte Hand des mittlerweile in den Ruhestand gegangenen Fabio Taglioni – mit der Entwicklung eines neuen Motors. Nach Rücksprache mit dem Entwicklungsleiter von Cosworth, Keith Duckworth, entschließt sich Bordi zur Konstruktion eines 851ccm-Vierventil Desmo-Motors (Desmo gegen den Rat von Duckworth!) mit einem ungewöhnlich flachen Ventilwinkel von 40°, Benzineinspritzung, Zahnriemen-Technik und Wasserkühlung. Um eine rasche und kostengünstige Entwicklung der Einspritzung zu gewährleisten und wegen der Nähe zum Werk in Bologna wird von Anfang an eine Weber-Marelli Einspritzanlage (wie bei Fiat und Lancia Automobilen) verwendet. Die ersten Testfahrten mit einem 851er Prototypen finden beim Langstreckenrennen Bol d´or statt und das Motorrad bewältigt die Distanz ohne Probleme. Im selben Jahr gewinnt Marco Luccinelli mit dieser 851er die ersten BOT-Rennen in Daytona und den ersten Lauf zur TT-Formel 1 WM.

 

1987 Der italienische Motorradhersteller Moto Morini wird in die Cagiva-Group eingegliedert. Auf der Mailänder Messe wird im Herbst die rot/weiß/grüne Ducati 851 vorgestellt und Marco Luccinelli gewinnt mit einer 851 Racing überlegen die BOT-Klasse in Daytona.